Wer die Gedichte von Jürg von Ins liest, braucht keine Spirituosen mehr. Er lehnt sich zurück und hat für Stunden Stoff zum Träumen. Aber wie beim Konsum anderer Stimulantien wird er nicht richtig satt davon, im Gegenteil. Die Gedichte neigen auch zum stechenden Aphorismus:
„Oft zahlt des Einen Neugeburt/ ein Andrer mit dem Tod“ oder
„Wahrheit ward immer schon herausgezogen/ aus etwas Anderem, das vorher war“.
Bei Jürg von Ins passiert die Erkenntnis bisweilen wie ein Unfall:
„Schau nicht, wo du hingefallen/ schau wo ausgerutscht“.
Bewusstes Schlittern. Das Gedicht als kultivierter Lapsus. Lallen und Heiliger Geist sind nicht immer zweifelsfrei auseinander zu halten.
Eigentlich ist ja jeder Dichter ein Rumpelstilzchen. Er fordert die Leute auf, seinen Namen herauszufinden, und macht es ihnen zugleich schwer. Nur manchmal, wenn er meint, niemand schaue ihm zu, verrät er sich plötzlich beim nächtlichen Feuertanz.
Wie nahe liegen hier das Erhabene und das Lächerliche nebeneinander, wie leidenschaftlich sind sie ineinander verkrallt! Das Heilige weiss, dass es jeden Moment auf einer Bananenschale ausrutschen könnte. Und wie ein Kanon hat dieser Gedichtkreis von Jürg von Ins eigentlich kein Ende. Wir brechen die Fahrt mit der einen Stimme ab, während die andere anderswo neu beginnt. (David Signer)